Tibet auf Transalp erleben, wer kann das schon? Am Stilfser Joch wird für uns dieser Traum wahr, auf einem der spektakulärsten Trails der Alpen.
Tagessteckbrief Stage 4 Santa Maria – Tarsch
Gipfel: Dreisprachenspitze 2843m
Länge: 74km mit Shuttle
HM Up: Brutto 2600/Netto 1300hm
HM Down: 2800hm
Trails: Tibettrail am Stilfser Joch, Lottersteig bei Stilfserbrücke, Aigentrail bei Göflan, Latscher Trailzauber bei Morter
Highlights: Stilfser Joch und Gletscher sowie Magdas Käseknödel
Bahn/Shuttle: Shuttle vom Schweizerhof (25€ p.P.) oder Schweizer Postbus
Einkehr: Tannenheim Nature & Style in Aussertrafoi
Hotel Ankunft: Pension Sachsalber bei Roman und Magda
Mit wenig Schlaf in den Knochen geht es am nächsten Tag ganz früh in die Königsetappe der Tour. Das Hotel Schweizerhof hat uns netterweise! einen Shuttle gleich um 8:00 zum Umbrailpass bzw. Stilfserjoch gebucht und etwas schlaftrunken brechen wir sehr früh auf. Der Bus mit Hänger bringt uns über eine schmale Straße mit wenigen weiteren Bikern in eine Bilderbuchlandschaft rund um den Umbrail Pass und das Stilfser Joch. Beide Übergänge sind legendär bei Roadbikern, aber hier gibt es auch mehrere lange und epische Trails! Der Blick auf den Stilfser Gletscher ist atemberaubend schön. Wir haken zunächst unseren 4ten Gipfel ab und das bedeutet wir fahren und schieben die 50hm steile Rampe zur Dreisprachenspitze hoch. Am Rifugio Garibaldi ist der 4te und höchste Gipfel mit 2843m erreicht. Hier hat man einen tollen Rundumblick und sieht auf die Stilfserjochstrasse und linkerhand den sich am Hang dahin ziehenden Goldseetrail. Eine andere lohnende Alternative, die von einigen Bikern in Angriff genommen wird. Uns zieht es aber nach Tibet und das heißt wieder runter zur Straße und auf der anderen Bergseite hoch zum Einstieg des gleichnamigen Trails.
Der macht seinem Namen alle Ehre und wir befinden uns in einer grauen Schotterwüste mit Blick auf König Ortler und den Gletscher. Im oberen Bereich ist der Trail sehr flüssig und der Weg wirkt gut gepflegt. Weiter vorn stürzt sich der Trail in die Tiefe und eine Spitzkehrenorgie beginnt, es wird deutlich ausgesetzter. Gute Umsetztechnik ist sehr hilfreich um Flow zu erzeugen, es sind aber auch Abschnitte dabei, wo es einfach läuft. Der Trail ist S2+ und für Biker ohne Höhenprobleme ein Riesenspaß. Wir kommen kurz auf die Stilfser Joch Straße und tauchen sofort rechts zum Fluss in den Wald ab, zunächst sehr flüssig, dann kommen wieder viele weitere Spitzkehren.
(c) Moritz Ablinger
(c) Moritz Ablinger
Weiter den Fluss runter und wir treffen ein paar italienische Biker aus dem schönen Roma. Unsere Gruppe hindern Sperrungen des Trails aufgrund Bauarbeiten mit gerade herunter kommenden Steinen am Weiterkommen. Also lieber zurück und schließlich finden wir eine abenteuerliche Behelfsbrücke. Wie die Zinnsoldaten balancieren wir auf einem nassen, schmalen Baumstamm über den tosenden Bach. In Aussertrafoi im Hotel Tannenheim Nature & Style gibt es die notwendige Pause. Dann geht’s im Highspeedmodus mit über 60km/h die Straße runter bis Stilfserbrücke. Wir bekommen vom Bauern auf seinem Heuwagen den netten Hinweis im Wald rechtzeitig hochzuschieben, denn sonst landen wir, wie bestimmt schon Hunderte vor uns, mitten auf seinem Hof.
(c) Moritz Ablinger
(c) Moritz Ablinger
Weiter oben nach etwas Forstpiste geht es auf den Lottersteig einen kupierten Trail, der uns einiges an Körnern abverlangt. „Never go full Enduro“ meint Moritz und wir versuchen eine ordentliche Line auf dem Trail ohne blockierendes Hinterrad hinzulegen. Nun sind wir wieder im Vinschgau Richtung Osten unterwegs und hangeln uns auf Trails durch bis Tschengls. Wir entscheiden uns für einen Breakout auf dem Vinschgauradweg bis Göflan, da pünktlich um 18:30 in der Pension Sachsalber zu Abend gegessen wird. Der Vinschgauradweg fällt hier konstant ab, bis es wieder hoch zum Einstieg des Aigentrails geht, benannt nach dem gleichnamigen Hof. Der Aigentrail ist ein schöner Hangtrail mit wenigen Gegenanstiegen und sehr flowig. Am Ende kommen wir oberhalb von Morter raus und über eine Wiese auf einem kurzen Spitzkehrentrail runter in den Ort.
Hier wollen wir es auf Trails ausklingen lassen und kurbeln nochmals zu den beiden Montani Burgen hoch. Diese bilden malerisch das Entree zum dahinter liegenden Martelltal. Es wartet bereits der nächste Trail namens Latscher Trailzauber, der sich sehr schön bis oberhalb vom Eisstadion und dem bekannten Latscher Hof fahren lässt. Ein Klassiker bei Latsch/Goldrain, der sich mit zusätzlichen Varianten wie Montani- und Bierkellertrail fast das ganze Jahr fahren lässt. Nun noch sehr steil auf losem Schotter runter und gleich rauf auf den Trimm Dich Pfad Trail und schließlich auf die Straße nach Tarsch.
(c) Moritz Ablinger
Da Tarsch erhöht auf der südlichen Talseite des Vinschgaus liegt, wartet noch ein letzter steiler Anstieg bis zur Pension Sachsalber und wir landen auf der Terrasse von Roman zu einem kühlen After-Bike-Weißbier. Abends gibt es dann zum Auffüllen der Kohlenhydratspeicher riesige Mengen von Magdas legendären Käseknödeln. Wir werden gefragt wie viele Knödel wir für den kommenden Tag brauchen und bestellen gleich mal doppelte Portion, denn dieses Highlight ist absolut köstlich.
Tom Bauer 2018